Ist euch schon mal das angefügte „-chen“ an dem Wort aufgefallen? „Mädchen“ ist sexistisch, es ist eine Verniedlichung. Das könnte egal sein, hieße es dagegen nicht ungerechterweise „der Junge“. – Aber halt, da gibt es doch das Bübchen.
Aha, auf der Suche nach einer sprachlichen Gleichwertigkeit zu Mädchen kommen wir auf das Bübchen; spätestens jetzt sollte jedem die antiquierte und unzeitgemäße Sprachfestlegung ins Gesicht springen.
Herkunft des Wortes ist das Diminutiv (Verniedlichungsform) von Magd: die Magd → das Mägdchen → das Mädchen.
Diminutive bekommen einen sachlichen Artikel, da sie als Neutrum behandelt werden. Ein Hauptziel feministischer Sprachpolitik ist die Herstellung von sprachlicher Symmetrie. Wir könnten also einfach das -chen streichen und bekämen eine Mäd – nicht sehr tauglich. Fügten wir analog zu Junge noch ein -e daran, hätten wir eine Mäde. Noch immer wäre damit aber keine Symmetrie hergestellt, besitzt doch die weibliche Form einen Umlaut, – also Made? Nein, doch es ließe sich auch ein -a anhängen, was uns eine Mada einbrächte, nur ist diese Form im Deutschen eher unüblich.
Glücklicherweise hält unsere Sprache noch ein ein Synonym zu Magd parat: Die Maid. Hört sich Magd heute nach bäuerlichem oder Hausangestellten-Kontext und unter Vormundschaft an, hat sich die Maid ihre Reinheit bewahrt, konnte vielleicht sogar noch etwas Prestige als Anrede hoher Frauen (meist mittelalterliche Geschichten mit dem Bezug zur Unvergebenheit) gewinnen.
Graben wir dieses relativ unvorbelastete ursprungsdeutsche Wort hervor, ergibt sich: Die Maid, der Junge, die Maiden, die Jungen – vollständige Symmetrie hergestellt!
Und huch: Jetzt heißt es auch nicht mehr: „Oh, DAS kleine, süße, Mädchen [/Entchen/…]“ Das Femininum zieht ein.
Es macht mich wütend, dass ich selbst in wissenschaftlichen Bereichen ausnahmslos Mädchen lesen muss und finde es traurig, dass so viele junge Frauen die sprachlich-patriarchale Verniedlichung mit sich machen lassen. Das Wort hat seine Berechtigung bei Kindern, aber ab dem Alter, in dem man zu ihnen nicht mehr Bübchen sagen könnte, ohne eine gewischt zu kriegen, sollte auch dieses Wort einem angemessenerem weichen.
Meine Bitte ist, euch Gedanken darüber zu machen und euch um das Wort bewusst zu werden. Als ich vor mehreren Monaten darauf kam, beschloss ich, zuerst mich selbst zu ändern. Seitdem gewöhne ich mir an, Maid und Maiden anstatt Mädchen zu sagen und nach einem verwirrten Blick und meiner Begründung kommen meine meist verständnisvollen Zuhörer damit zurecht.
Auch interessant: Mädchen und Bübchen, fembio.org
Nachtrag vom 12. Oktober 2010:
Die letzten Wochen beschäftigte mich hartnäckig die Frage, ob ich nun im Singular Maid oder Maide sagen sollte. Maid ist im Deutschen und Englischen die offizielle Form, das zu seinem Plus. Möchte man aber absolute Symmetrie herstellen, müsste man in der Konsequenz entweder das -e an Junge streichen, oder ein -e an Maid anhängen. Da das eine sprachlich nicht umsetzbar ist, bleibt nur die Änderung zu Maide als Lösung und als Nächstes stellt sich einem dann die Frage ob der akzeptablen Ästhetik und dem Lautbild. Diese möchte ich bejahen und als vorteilhaft bezeichnen: Als Vereinfachung muss beim Plural wie bei Junge nur noch ein -n angehängt werden, das „gehauchte“ Maid bekommt mehr Stimme und kann mit geringerer Anstrengung laut betont werden, und letztlich bietet das -e die Chance, die Neubezeichnung als starkes neues Wort zu etablieren, vielmehr noch als mit den leisen Reminiszenzen an Burgfräuleins. Darum lautet meine neue Empfehlung: Die Maide, die Maiden.
2 Gedanken zu „Das Mädchen, das kleine Ding“